20.04.2022

Einhundertsechzig Kilometer am Stück

Ursula Dinges läuft mit 81 Jahren Ultra-Marathon

Es klingt wie ein Film über eine Sportlegende, doch ein Film wurde über Ursula Dinges noch nicht gedreht. Es besteht Nachholbedarf, finden wir, denn die 81-jährige Frankfurterin, die derzeit ihre zweite onkologische Reha in unserer Hamm Klinik Bellevue im hessischen Bad Soden-Salmünster verbringt, übt ein legendäres Hobby aus.

Frau Dinges ist Ultramarathon-Läuferin. Als Ultramarathon bezeichnet man alle Läufe, die länger sind als die klassische Marathondistanz von 42,195 Kilometer. Am populärsten ist dabei der 100 km Straßenlauf.

Über 100 Kilometer joggen? Ja.
An einem Stück? Jaa.
Mit 81 Jahren? Jaaa.
Nach einer Krebserkrankung? Jaaaa!

Wir sind selbst nicht aus dem Stauen herausgekommen, als uns die quirlige, 1,50m große Dame in unserem Café Schöne Aussicht gegenübertrat. Sie trug Sportleggings, ihr Finisher Shirt vom 100 km Marathon im Schweizer Biel 2019 und strahlte über das ganze Gesicht.

Wie kommt man dazu? Frau Dinges erzählt uns, dass ihr Mann mit dem Marathon Laufen begonnen hatte. Sie begleitete ihn zu den Sportveranstaltungen und fungierte als Fahrerin. Doch eines Tages drehte sie „den Spieß einfach um“. „Was du kannst, kann ich auch“ sagt die damals 62-Jährige, die zwar regelmäßig wanderte und auch seit Kindertagen immer sportlich war, aber ansonsten mit Laufen nicht viel am Hut hatte.

Und so startete sie als Rentnerin ihre erfolgreiche Sportlerkarriere. Insgesamt 43 Einträge in Deutschland, Österreich und der Schweiz kann Frau Dinges im Verzeichnis der Deutschen Ultramarathon Vereinigung verbuchen – und das erst seit dem Jahr 2000. 16 Mal absolvierte sie zum Beispiel den 80 km langen Internationalen Fidelitas-Nachtlauf ab Karlsruhe durch den Schwarzwald. Nachdem sie sich bei ihrer ersten Teilnahme mit einer Zeit von rund 15 Stunden selbst für „zu langsam“ hielt, wollte sie es sich beweisen. Bei den darauffolgenden 15 Teilnahmen lief sie die Strecke immer in nur rund 13 Stunden – 2009 benötigte sie sogar weniger als 11 Stunden.

2005 erlitt Frau Dinges ihre erste Krebserkrankung. Sie beschreibt, dass es ihr in dieser Zeit nicht gut ging, doch schon ein Jahr später nahm sie wieder an einem Ultramarathon teil. 2012 wurde sie Wanderweltmeisterin im österreichischen Großarl. Innerhalb von drei Tagen absolvierte sie dabei 146 km Strecke über Berg und Tal. Zu dieser Zeit kam es lediglich auf die Anzahl zurückgelegter Kilometer an – Höhenmeter und Alter der Teilnehmer wurde nicht berücksichtigt.

Seit 2012 nimmt die Frankfurterin jedes Jahr an mindestens drei Läufen teil – nichts kann sie aufhalten. Nicht einmal ihre zweite Krebserkrankung 2020/2021. „Ich lass mich nicht unterkriegen“ sagt sie trotzig und stolz in unserem Gespräch. Sie beschreibt, wie sie nach Abschluss der Bestrahlungstherapie Ende März 2021 zur Anschlussrehabilitation in unsere Hamm Klinik Bellevue kam und dort „wieder fit gemacht“ wurde. Nur rund ein viertel Jahr später, Anfang Juli 2021 lief sie Weltrekord. Im 24 Stunden Lauf im österreichischen Bad Blumau absolvierte die 80-Jährige 131 km Wegstrecke.

Bereits einen Monat später wagte sie sich ein weiteres Mal an ihre bisher weiteste Strecke: Der 100 Meilen Mauerweglauf in Berlin. 100 Meilen entsprechen circa 161 km – diese Strecke gilt es in unter 30 Stunden am Stück zurückzulegen. Wer langsamer ist, wird disqualifiziert. Von 382 gestarteten Einzelläufern erreichten nur 274 die Ziellinie. Ursula Dinges war eine von ihnen.

Was denkt man, wenn man so lange läuft, haben wir sie gefragt. „Gar nichts, es ist einfach toll!“ bekamen wir zur Antwort. Die Herausforderungen des Laufs waren die Ampeln und die Dunkelheit, erzählt Frau Dinges. „Der Lauf geht quer durch Berlin, bei einer roten Ampel muss man wirklich anhalten. Das kostet sehr viel Zeit“ ärgert sie sich. „Nachts in der Dunkelheit, wenn sich das Feld schon weiter auseinandergezogen hat, kann man sich schnell mal auf der Strecke verlaufen. Das ist mir einmal passiert! Da musste ich einen riesigen Umweg laufen.“ Bewaffnet mit Stirnlampe und einer Radfahrerin als Streckenbegleitung, die sie vorab angemeldet hatte, sollte ihr das dieses Mal aber nicht passieren. Nach 29:15 Stunden erreichte sie tatsächlich das Ziel.

Ihr letztes Rennen in 2021 war der 100 km Lauf in Schweizer Biel. Jetzt Ende März, Anfang April 2022 ist Ursula Dinges zur Nachsorge Reha zurück in Bad Soden-Salmünster und erzählt stolz von ihren Triumphen. Sie ist Vorbild in Sachen Motivation, Kampfgeist und Lebensfreude. Die nächste Marathon Saison steht schon bevor und wir wünschen ihr von Herzen, dass sie noch viele Erfolge verzeichnen darf und ihr der Spaß am Laufen lange erhalten bleibt.

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